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Essay
2009-04-06
„Goldgierig oder gierig nach Geld?“ Oder: Über die Problematik der Lyrikübersetzung aus dem Makedonischen ins Deutsche
von Elizabeta Lindner
Die Aufgabe des Literaturübersetzers ist nicht leicht und auf gar keinen Fall darf sie unterschätzt werden. Ihm ist nicht nur die inhaltliche, sondern auch die stilistische und künstlerische Übertragung eines Textes in eine andere Sprache anvertraut. Natürlich ist das Ziel des Übersetzers, die Bildlichkeit, die Stärke des Gesagten, die Symbolik, und besonders in der Poesie, auch den Rhythmus und den Klang zu übertragen. Derjenige, der all das erreichen kann und dennoch einen fließenden lesbaren Text zu verfassen vermag, der beherrscht seinen Beruf.
Leider gibt es nicht viele Literaturübersetzungen aus dem Makedonischen ins Deutsche, auf die SlovoKult regelmäßig aufmerksam machen könnte, sei es durch die Veröffentlichung von Rezensionen oder durch die Analyse der Übersetzbarkeit und der Übersetzung. Einer der Gründe dafür ist der Mangel an Übersetzern aus dem Makedonischen ins Deutsche. In der letzten Zeit macht sich ein steigendes Interesse für die makedonische Sprache und Literatur bemerkbar, was einerseits wichtig für die Präsentation makedonischer Literatur im deutschsprachigen Raum ist, sich andererseits aber auch negativ auswirken kann. Dies aus dem einfachen Grund, weil die Nachfrage nach Literaturübersetzern aus dem Makedonischen, einigen Laien und untalentierten Liebhabern der schönen Literatur als Ansporn dienen könnte, sich in dieser Tätigkeit zu versuchen. Slawisten versuchen durch Crash-Kurse Makedonisch oder über ihre Bulgarisch-Kenntnisse zum „Kern“ der makedonischen Sprache vorzudringen und sich mit einer ersten Literaturübersetzung zu schmücken. Die Ergebnisse dieser Versuche wären eine Niederlage für die Autoren, die sich nicht vorstellen könnten, auf welche Art und Weise ihre übersetzten Werke mit dem deutschsprachigen Publikum kommunizieren würden. Solche Beispiele gab es leider bei einigen Übersetzungen aus dem Englischen ins Makedonische, wo die Übersetzer unlesbare und falsche Texte lieferten.
Neben der Auswahl an Werken, für eine gute Präsentation der Literatur eines Landes und einer Kultur, ist auch die Qualität der Übersetzung entscheidend. Weil es, wie ich schon erwähnte, nicht viele Übersetzungen aus dem Makedonischen gibt, auf die wir aufmerksam machen könnten, werde ich mich der Übersetzung makedonischer Lyrik auf dem Portal lyrikline.org zuwenden.
Die Liste der Autoren ist nicht lang, aber die Auswahl der Poeten und der Lyrik ist ausgezeichnet. Hoffentlich wird diese Auswahl zukünftig erweitert, weil Makedonien traditionell gute Dichter und Dichterinnen hat, die es verdienen, auf diesem oder auf anderen deutschsprachigen Portalen präsentiert zu werden. Alle Gedichte auf diesem Portal wurden ins Deutsche übersetzt. Besonders hervorheben kann man Kerstin Hensels Übersetzungen der Gedichte von Bogomil Gjuzel, in denen der poetische Ton und der Inhalt auf einem hohen literarischen Niveau übertragen sind, gänzlich mit dem Original korrespondierend. Sie vermitteln einen hervorragenden und fließenden poetischen Ausdruck, der in jeder Lyrikübersetzung vorhanden sein sollte. Das selbe Niveau hat auch die Übersetzung des Gedichts „Glocken“ von Mateja Matevski, ins Deutsche übersetzt von Ina Jun Broda, was leider die einzige Übersetzung dieser Übersetzerin ist. Übersetzungen, die das poetische Wort treu übertragen haben, sind die von Holger Siegel und Ranka Grčeva, die die Poesie von Vlada Urosević übersetzt haben.
In Mathias Bronisch’ Übersetzungen der Poesie von Mateja Matevski taucht hin und wieder eine gewisse Unsicherheit bei der Auswahl bestimmter Wörter auf, wodurch aber die Übersetzung ihren poetischen Lauf und Ausdruck nicht verliert, sondern nur der Inhalt manchmal dem Original nicht getreu übertragen wird (als Beispiel: Pelin – Absinth, obwohl diese zwei Worte verschiedene Konnotationen in den beiden Kulturen haben). Die gleiche Problematik findet man in Michaёl Pfisters Übersetzung der Lyrik von Katica Ќulavkova, wo der Inhalt, bei Pfister teilweise auch der Stil des poetischen Ausdrucks, vom Original abweicht. Trotzdem handelt es sich um gute Lyrikübersetzungen, genauso wie bei der Übersetzung der Lyrik von Eftim Kletnikov, von Norbert Randow und Maja Gulevska, wo mit kleinen stilistischen Korrekturen mancher deutschen Ausdrücke, der Verlauf und die Nähe des poetischen Ausdrucks verbessert werden könnten, weil sie, im Unterschied zum Original, hin und wieder kalt und distanziert wirken.
Im Unterschied zu all diesen Übersetzungen wirkt Ulrike Draesners Übersetzung der Lyrik von Katica Ќulavkova amateur- und laienhaft, und kann den poetischen Ausdruck der Originallyrik nicht übertragen. Die Übersetzung ist weit vom Original entfernt und ähnelt eher einer freien Übersetzung, die auf gar keinen Fall das Niveau des Ausgangstextes besitzt.
Um die Problematik der Übersetzung darzustellen, die für Lyrikübersetzung allgemein gültig ist, werde ich bei der Übersetzung einiger Verse und Gedichte bleiben. Eine Analyse soll einige Beispiele für die Fehler sichtbar machen, wobei ich die möglichen Lösungen für eine Übersetzung geben werde.
Chronos von Katica Kulavkova – Poesie mit hohem literarischen Wert.
Chronos auf Deutsch – ist es überhaupt Poesie?
Mit der Analyse der Übersetzung werde ich mich auf die Gedichte Chronos 1,2,3, beschränken, wobei ich nur in Chronos [1] auf Einzelheiten eingehen werde. Die Problematik, die ich durch die Analyse verarbeiten werde, gilt für die Übersetzungen aller Gedichte von Katica Ќulavkova, die von der Übersetzerin Ulrike Draesner gemacht wurden.
1. Wörter aus der Umgangssprache
In vielen Übersetzungen bemerkt man die Neigung der Übersetzerin, Wörter zu verwenden, die nicht in die Sprache der Poesie gehören. Das sind Wörter aus der Umgangssprache, die auf keine Weise mit den Wörtern des Originals korrespondieren, im Gegenteil, sie verleihen den Versen Oberflächlichkeit, Banalität und wirken manchmal sogar sehr grob.
Einige Beispiele:
Für das Wort цел (потполн, целосен), an einer Stelle in Chronos 3, verwendet die Übersetzerin das Wort total, was auf Deutsch eine ähnliche Bedeutung wie die Ausdrücke cool, super hat, obwohl es passende Ausdrücke wie ganz, völlig, im Ganzen, gänzlich gibt, die man der Bedeutung und dem Kontext entsprechend verwenden kann.
Für die Verse:
Или си ти во мене
или јас во Тебе!
lautet die Übersetzung:
Entweder du steckst in mir
oder ich stecke in dir!
was nicht nur stilistisch, sondern auch inhaltlich und grammatisch keinen Sinn hat, und deswegen wirkt es äußerst falsch und grob. Die Auswahl des Verbs stecken ist nicht nachvollziehbar. Das Verb findet seine Verwendung in zahlreichen Phrasen des Alltags (ich stecke in der U-Bahn, im Büro, im Stau fest, ich stecke mir einen Apfel in die Tasche, wo steckst du?...), sodass dadurch der ganze Ausdruck hier unpoetisch erscheint. Die Lösung ist eigentlich sehr einfach, weil man ganz korrekt den identischen Ausdruck wie im Original auf Deutsch verwenden kann, nämlich mit dem Verb сум bzw. sein:
Entweder bist du in mir
Oder ich in Dir!
Falls man das Gesagte doch verstärken möchte (was, wie gezeigt, nicht notwendig wäre), sollte man lieber lauern, wohnen, leben verwenden, aber auf gar keinen Fall stecken.
Ein anderes Beispiel ist das Substantiv Anstrengung, das vor allem in seiner Bedeutung für körperliche Kraft verwendet wird. Im Alltag finden wir oft die Verwendung des Adverbs anstrengend: Die Arbeit ist anstrengend, oder das Adjektiv: ein anstrengender Mensch, Ausdrücke, die in der Prosa ihren Platz finden, aber normalerweise in der Poesie nicht verwendet werden. Stattdessen verwendet man Wörter wie Mühe, Mühsal (mühsam), die poetisch sind.
Original: се обидувам, не без напор, да те сфатам!
Übersetzung: versuche, nicht ohne Anstrengung, zu fassen dich!
Selbstverständlich sollte dieser Vers, in dem der letzte Teil (zu fassen dich) auch grammatisch unkorrekt ist (wofür es keine stilistischen Gründe gibt, siehe unten), lauten:
versuche, nicht ohne Mühe, dich zu begreifen!
2. Unbekannte Worte
In der Übersetzung finden wir sehr häufig Wörter oder Kontexte, die die Übersetzerin nicht verstanden hat, dennoch hat sie versucht, eine Lösung dafür zu finden. Ein Beispiel dafür ist der folgende Vers des Gedichtes Chronos [1]:
Овде сум на една топка-вртелешка
Das Wort вртелешка (Karussell) ist ein unbekanntes Wort für die Übersetzerin, denn sie interpretiert diesen Vers wie folgt:
Auf einem Ball stehend kreise! (ich gefalle mir selbst)
Sie setzt das unverstandene Wort gleich mit drehen, kreisen, aber die Verwendung des Verbs ohne Personalpronomen ist unklar und auf Deutsch verwirrend. In diesem Fall kann man nicht von einer Ellipse sprechen, weil diese Lösung zu keinem poetischen Ausgleich und zu keiner Verbesserung des Stils führt. Eine bessere Lösung wäre es, das eine Verb (Partizip I von stehen) auszulassen und stattdessen nur das Partizip I von kreisen zu verwenden:
Auf einem Ball kreisend,
was stilistisch besser wäre, aber trotzdem nicht die richtige Lösung ist, denn inhaltlich hat es nicht die Bedeutung und das Bild des Originals.
Um die Fehler des ganzen Verses zu mindern oder sie unbemerkbar zu machen, oder wegen persönlicher Unsicherheit, fügt die Übersetzerin ein Ausrufezeichen hinzu, und hinter dem Ausrufezeichen verbindet sie das Personalpronomen (ich) des nächsten Satzes mit dem Verb in der ersten Person Singular kreise, das vor dem Ausrufezeichen steht. Der Ausdruck in diesem Vers (ich gefalle mir selbst) lautet auf Makedonisch völlig anders und befindet sich einen Vers tiefer.
Falls es für die Übersetzung tatsächlich notwendig ist, Elemente für die Verbesserung des Stils, der Bedeutung oder des Ausdrucks zu verwenden, ist es völlig legitim Interpunktionszeichen und neue Wörter einzufügen oder ganze Verse oder Teile davon nach oben oder nach unten zu verschieben. In diesem Fall handelt es sich leider nur um einen Versuch das Nicht-Verstandene auszugleichen, wobei die Verse der Originallyrik völlig zerstört wurden.
3. Falsche Wortwahl
Der Teil des Verses, der dem oberen Vers angehängt wurde, hat trotz des Ausrufezeichens ein gemeinsames Subjekt (ich). Wenn dem nicht so ist, dann handelt es sich um unkorrekte Grammatik. Durch die folgende Analyse werden wir versuchen, diese Lösung nachzuvollziehen.
Das Original lautet:
(Овде сум на една топка-вртелешка)
горделива, среброљубива, властољубива
Der Vers im Original beinhaltet eine sehr schöne Auswahl an Adjektiven, die trotz ihrer negativen Bedeutung von einem poetischen Klang erfüllt sind, die aber in der Übersetzung zur groben Schilderung des sprechenden Subjektes werden:
(Auf einem Ball stehend kreise!) ich gefalle mir selbst
gierig nach Geld, hungrig auf Macht
Ich würde diese Wortwahl nicht kommentieren, denn die Wörter sprechen für sich selbst. Aber Tatsache ist, dass die deutsche Sprache eine breite Auswahl an Adjektiven bietet, besonders solcher, die aus zwei Wörtern zusammengesetzt sind (wie im Original). Deswegen ist diese Wortwahl unklar und nicht nachvollziehbar. Es stellt sich die Frage, inwieweit diese Verse in dieser Form eigentlich von Katica Ќulavkova sind?
Damit die Übersetzung mit den Versen des Originals übereinstimmt, wäre die Lösung:
Hier bin ich auf einem Karussell-Ball
selbstgefällig, goldgierig, machtgierig
wobei sowohl der Klang als auch die Lautlichkeit den Inhalt des Gesagten unterstützen, wie es auch im Original der Fall ist. Weder die poetische Form noch die Bedeutung sind verloren gegangen, im Gegensatz zu der Übersetzung auf dem Lyrikportal. Selbstverständlich gibt es andere Möglichkeiten der Wortwahl, und die hängt vom Übersetzer ab, aber die Wortwahl der Übersetzerin Draesner ist unpassend, grob und einfach falsch.
4. Ignorieren der Lautlichkeit
Die Lyrik hat ihre besondere Eigenschaft der Lautlichkeit und des Klanges, die sich auf verschiedene Weise ausdrückt. Es ist nicht leicht die passenden Wörter in der Zielsprache zu finden, die mit der Bedeutung, der Lautlichkeit und dem Klang des Originals übereinstimmen, aber es ist möglich, eine Lösung zu finden.
Einige Beispiele, in denen die Lautlichkeit nicht beachtet wurde:
Original: и те сликам, те олицетворувам, те отелотворувам
In diesem Vers haben wir Wiederholung einer Handlung, die „dich“ betrifft, ausgedrückt durch „те“ + Verb 1.P.Sg. Die letzten beiden Verben haben die gleiche Endung und denselben Anfangslaut (Alliteration).
Die Übersetzung lautet: und male dich, Spiegel dich wieder, dein Körper bin ich
Neben dem Missachten der Lautlichkeit finden wir orthographische und grammatische Fehler: Spiegel dich wieder anstatt spiegele dich wider, sowie falsche Wortwahl und grobe Interpretation des Inhaltes: anstatt Verkörperung, verkörpern steht Dein Körper bin ich.
Wenn es unmöglich erscheint den Inhalt oder die Lautlichkeit durch ein Verb zu erhalten, könnte man auf Deutsch eine Kombination von zwei Verben verwenden:
ich versuche dich abzubilden, zu widerspiegeln, zu verkörpern,
wobei wir uns deutlich vom Inhalt entfernen würden, außerdem klingt die Übersetzung nicht so schön wie das Original. Aber die Kombination von Verb und Substantiv ist im Deutschen auf jeden Fall eine gute Lösung, denn sie macht es möglich, die Handlung, die Bedeutung und die Lautlichkeit auszugleichen.
Beispiel: ich gestalte dein Abbild, dein Spiegelbild, deine Verkörperung
Oder: ich gestalte dein Abbild, deine Widerspiegelung, deine Verkörperung
Den lautlichen Ausgleich des Originals bei те олицетворувам, те отелотворувам, haben wir in beiden Beispielen: dein Abbild und dein Spiegelbild sowie: deine Widerspiegelung und deine Verkörperung, wobei in beiden Lösungen der Sinn und die Bedeutung des Originals erhalten bleiben. Leider ist es in diesem Vers unmöglich, die Alliteration zu übertragen.
Im selben Gedicht, Chronos [1], finden wir Verse, bei denen im Original erneut Alliteration verwendet wurde, und obwohl auf Deutsch die Möglichkeit besteht, diese Alliteration zu erhalten, wurde sie ignoriert.
Zum Beispiel in den Originalversen:
те памтам, памтењето го предавам
од едни на други
поправки правам, предавство
haben wir eine dichterische Wortreihe, die im ersten und im dritten Vers mit dem Laut „p“ beginnt. Das verleiht den Versen eine schöne Lautlichkeit und einen angenehmen poetischen Klang.
Die Übersetzung lautet:
mich erinnere ich an dich, vom einen
zum anderen geb ich Erinnerung, die alte,
weiter, berichtige, verrate,
wobei nicht nur die Alliteration und der Klang ignoriert wurden, sondern wieder eine falsche und unpoetische Interpretation des Gedichts entstanden ist.
Selbstverständlich ist es unmöglich, die Wortreihe der Übersetzung mit demselben Laut wie im Original zu übertragen, aber es gibt Möglichkeiten eine Auswahl an Wörtern zu nehmen, die einen anderen Anfangsbuchstaben haben, wodurch dieses poetische Merkmal und natürlich die Bedeutung erhalten bleiben sollen.
Beispiel:
gedenke deiner, das Gedächtnis gebe ich weiter
es wandert von den einen zu den anderen
ich verschönere, verbessere, Verrat
In diesem Fall haben wir eine Wortreihe, die im ersten Vers mit „g“ und im dritten mit „v“ anfängt, als Ersatz für das „p“ des Originals. In beiden Versen ist sowohl die Bedeutung als auch der Klang erhalten worden. Die deutsche Sprache fordert zusätzliche Wörter (deiner und weiter) aber das stört den Klang nicht, weil es sich um eine logische Wortreihe handelt.
Der zweite Vers ist viel länger als der in Original, was in der Lyrikübersetzung kein Fehler, sondern oft auch eine Notwendigkeit sein kann. Natürlich konnte der Vers originalgetreu lauten: von den einen zu den anderen, aber meiner Meinung nach klingt es besser mit den zusätzlichen Wörtern: es wandert (von den einen zu den anderen), auch weil ein lautlicher Ausgleich zwischen weiter – es wandert entsteht, und weil die Bedeutung auf Deutsch klarer ist.
Im Original ist noch eine Parallele zwischen den Wörtern im ersten und im dritten Vers vorhanden, die man beachten (bzw. nach Möglichkeit erhalten) sollte:
предавам – предавство (gebe weiter – Verrat)
Eine Möglichkeit wäre, anstatt Verrat das Wort vergeblich, vergebens zu verwenden, weil es das Verb geben vom ersten Vers beinhaltet und deswegen lautlich darauf assoziiert. Aber dieses Wort ist kein Substantiv sondern ein Adverb und hat eine andere Bedeutung. In solchen Situationen muss sich der Übersetzer für eine Variante entscheiden, und zwar, ob er die formalen oder die inhaltlichen Merkmale beibehalten soll. Die Entscheidung trifft er nach der Frage: welches davon klingt besser und entspricht inhaltlich dem Original. In diesem Beispiel habe ich mich für das Wort vergebens entschieden, weil auch auf Makedonisch im ersten und im dritten Vers verschiedene Wortarten mit demselben Stamm vorhanden sind, und beide einen Unterschied in ihrer Bedeutung haben. Aber auch deswegen, weil vergebens, wie wir durch das Lesen des gesamten Gedichts sehen werden, auch den Inhalt unterstützt.
gedenke deiner, das Gedächtnis gebe ich weiter
es wandert von den einen zu den anderen
ich verschönere, verbessere, vergebens
5. Schluss
Die Analyse der Übersetzung und der Übersetzbarkeit, beziehungsweise die Übersicht der Problematik bei der Lyrikübersetzung, zeigten dass es sich um (eine) ernsthaft schlechte Übersetzung(en) handelt und dass die Übersetzerin Ulrike Draesner die Kunst des Übersetzens leider nicht beherrscht. Abgesehen davon, dass sie manchmal das makedonische Original nicht versteht, weist auch die deutsche Sprache der Übersetzung viele grammatische und stilistische Fehler und Mängel auf. Deswegen möchte ich an dieser Stelle noch einmal hervorheben, dass dies eine Niederlage für die wunderschöne Lyrik von Katica Ќulavkova ist. Leider wird diese Übersetzung das Interesse für die Lyrik dieser Autorin bei den deutschsprachigen Lesern nicht wecken, denn, realistisch gesehen, ist es eigentlich gar nicht ihre Lyrik.
Am Ende dieser Ausführungen präsentiere ich die ganze Übersetzung des Gedichts Chronos [1] , so wie sie akzeptabel und getreu dem Original von Katica Ќulavkova lauten sollte:
ХРОНОС [1] Original
CHRONOS [1] Übersetzung
Kommentar zum Essay: "Goldgierig oder gierig nach Geld?" Oder: Die interlineare Übersetzung als Grund für eine schlechte Lyrikübersetzung
Damit man eine schlechte Übersetzung nicht alleine verantworten muss, gibt es die interlineare Übersetzung. Sie wird von einem Muttersprachler aus der Ausgangssprache verfasst und von einem Dichter korrigiert und als endgültige Lyrikübertragung in der Zielsprache fertig gestellt.
Das rohe Material für die Übersetzung der Lyrik von Katica Kulavkova, mit dem Frau Draesner gearbeitet hat, wurde von Herrn Norbert Randow geliefert. Ob eine richtige Korrektur der interlinearen Übersetzung gemacht wurde, bleibt fraglich. Wer von den beiden Verfassern ist mehr für die schlechte Lyrikübersetzung verantwortlich: Herr Randow mit seinen bescheidenen Makedonischkenntnissen oder Frau Draesner mit Muttersprache Deutsch und schriftstellerischen Erfahrungen? Und was soll man davon halten:"Aus dem Makedonischen: Ulrike Draesner", das so auf lyrikline.org steht?
Wie auch dem sei, durch das hier veröffentlichte Essay wird man selber beurteilen können, wer von den beiden Verfassern wie viel für die Übersetzung gemacht hat.